Süden.
Am 29. 4. gehts per Bahn nach Breisach, um 17 Uhr komme ich dort an. Hoffentlich ist mit meinem
Fahrrad, das ich dort zurückgelassen habe, alles in Ordnung. Hoffentlich ist es überhaupt noch da....
Und dann durch Frankreich, ein fremdes Land, in dem ich die Menschen nicht verstehe!
Worauf habe ich mich bloß wieder eingelassen?
Dabei könnte ich mich einfach mit einem Bier im Anker entspannen, im Schrebergarten in der Sonne liegen oder zuhause auf dem Sofa....Aber nein, ich muss ja meine blöden Ideen verfolgen.
Wie immer, wenn es losgeht, ist mir das Herz in die Hose gesackt. Also: morgen geht es los, mal schauen...
Und im Anker ein Bier trinken - das kann ja jeder....
Am 29.4. kam ich spät nachmittags in Breisach an, natürlich ging ich sofort in schnellem Schritt
zum Fahrradgeschäft Schweizer. Und mein gutes Fahrrad stand noch genauso im Hinterhof wie
ich es zwei Wochen zuvor zurückgelasen hatte. Gut abgedeckt mit Kartons, und das ganze Gepäck
war auch noch da! Herr und Frau Schweizer sind wirklich supernett. Und sie wollten noch nicht
einmal etwas dafür. Mir blieb da nur das Sparschwein auf ihrem Kassentresen.
Danach zur Jugendherberge, ein Zimmer besorgt; zum Supermarkt zum Nahrungs- und Getränke-
Kauf, und noch ein bißchen in Breisach herumgefahren.
Am 30.4. morgens im Regen (der am frühen Nachmittag endlich aufhörte) über die Rheinbrücke nach Frankreich, nach Neu-Breisach bzw. Neuf-Brisach, Ensisheim, Mulhouse und den Rhein-Rhone-Kanal (Canal du Rhône au Rhin) entlang. Ich fuhr bis zum Städtchen Dannemarie, hier fragte ich im Ort in einem Cafe nach einem Chambre oder Hotel. Die Wirtin gab mir einen Tip auf eine private Zimmervermietung, die ich auch fand - dort kam ich unter. Alles etwas altmodisch, mit Dusche und WC ausserhalb des Zimmers, aber das störte mich nicht und preisgünstig war es auch. Ich benutzte wegen schlecht funktionierender Heizung und kühlem Wetter im Bett meinen Schlafsack und schlief so wunderbar.
Am 1.5. weiter den schönen Radweg am Kanal entlang. Dieser Radweg ist Bestandteil der Euro-Velo-
Route Nr.6 von Budapest nach Nantes, sehr gut ausgeschildert und in gutem Zustand. Es macht schon Spass, dort zu radeln. Noch mehr Spass hätte es gemacht, wenn es nicht geregnet hätte. Aber ich
hatte ja mein Regenzeug dabei. In Baume-les-Dames fuhr ich einen Campingplatz an, musste aber
feststellen, das die Administration nicht besetzt war. Ein paar ältere Damen hatten mein dummes
Gesicht wohl bemerkt, sie sprachen mich an und versuchten mir mitzuteilen, das ich mich an die "Capitanerie", ein Restaurant, wenden könnte. Alles in halbfranzösisch, halb Zeichensprache.
Also zum Restaurant, das zum sog. "Gîtes de France" (weiß der Teufel, was das konkret bedeutet)
gehörte und auch Zimmer bzw. Betten vermietete.
Mit Hilfe einer deutschsprechenden Kellnerin bekam ich dort sogar ein Zimmer, sehr günstig, denn ich
musste nur 17 Euro bezahlen. So weit ich es verstanden hatte, waren das die Kosten für ein Bett, aber
ich war der einzige Gast. Und im Restaurant bekam ich sogar etwas zu Essen, obwohl die Küche gar
nicht in Betrieb war. Der Koch macht mir in seiner Pause einen Super-Salat!
Als ich spät abends im Zimmer lag, gab es noch ein Gewitter mit kräftigen Platzregen! Da wäre
zelten vielleicht doch nicht so gut gewesen.
Am nächsten Morgen reiste ich um 8 Uhr wieder ab, niemand war so früh da, die Schlüssel warf ich
dem Capitan in seinen Capitanerie-Briefkasten. Das hatte ich abends noch mit dem Capitan, also dem
Wirt, so verabredet. Er sprach nur französisch und Zeichensprache, und irgendwie verstand ich es.
Im Elsass haben viele Franzosen auch Deutschkenntnisse, und wohl auch z.T. deutsche Wurzeln.
Viele deutsche Ortsbezeichnungen und Familiennamen weisen m.E. darauf hin, das dieses Gebiet
früher immer ein "deutsch-französisches Mischgebiet war". Der schon sehr alte Wirt meiner Unterkunft
in Dannemarie sprach fliessend und akzentfrei deutsch, und er wurde sogar während des Zweiten
Weltkrieges von der deutschen Wehrmacht eingezogen. Aber natürlich versteht er sich nicht als
Deutscher, sondern als Franzose.
Zur Sprache und Verständigung noch: in meinem kleinen Touristen-Sprachführer hatte ich gelesen,
das ältere Franzosen manchmal unfreundlich und abweisend sind, wenn man ihre Sprache nicht
spricht. Ich denke, so etwas sollte man heute nicht mehr verbreiten. Damit produziert man nur
bestimmte Voreinstellungen, die niemandem etwas nützen.
Wenn man in ein fremdes Land fährt, sollte man einfach davon ausgehen, das man nur nette und
freundliche Menschen trifft. Nach meiner Erfahrung können die meisten Franzosen auch etwas
Englisch oder Deutsch und sprechen es auch. Und man sollte als Fremdling zumindest einige wenige
Wörter können, wie: bon jour, merci, s'il vous plait, au revoir, chambre libre,....Viel mehr kann ich
eigentlich nicht, aber irgendwie bin ich so ganz gut zurechtgekommen.
Am 2.5. fuhr ich, bei jetzt besserem Wetter, am Kanal auf dem Euro-Velo-Weg Nr.6, über Besancon
noch bis Dole. Mit Hilfe der dortigen Tourismus-Zentrale fand ich ein günstiges Hotel. Abends ging ich
noch in der Stadt spazieren, kaufte mir in einem Supermarkt noch mein Abendessen.
Die Landschaft am Kanal (bzw. Fluss) ist sehr schön. Der Kanal wechselt sich ab und zu mit einem
Fluss ab bzw. beide laufen parallel zueinander oder vereinigen sich, das ganze wird meistens von felsigen und/oder bewaldeten Bergen eingerahmt - das sieht schon sehr schön und beeindruckend aus.
Besonders sicher für jemand aus Norddeutschland, der überhaupt keine felsigen Hügel und Berge aus
seiner heimatlichen Umgebung kennt.
Von Breisach nach Dole |
Haus in Mulhouse |
Unterkunft in Dannemarie |
Schöner Radweg am schönen Kanal im schönen Tal bei schönem Wetter |
und hier mit tiefhängenden Wolken |
Immer wieder Stromschnellen im Fluss |
Häuser in Besancon |
Haus am Fluss (ob die eine Baugenehmigung haben?) |
Szene in Dole |