Montag, 12. Mai 2014

Von Hamburg nach Portugal - die dritte (b - von Dole nach La Voulte sur Rhone) Etappe ...

Von Dole aus verliess ich den schönen Radweg am Rhein-Rhone-Kanal (am 3.5.) und wandte mich gen Süden, mein Ziel war ja das Mittelmeer! Das hieß allerdings: keinen asphaltierten Radweg mehr,
sondern Landstrassen fahren. Über Louhans-Chateaurenaud fuhr ich nach Bourg-en-Bresse.
An diesem Tag stellte ich einen Rekord auf: ich fuhr rund 150 Km. Das Wetter war kühl, aber trocken,
keine grösseren Berge, und Wind kam aus dem Norden, ich hatte ihn also im Rücken. So jagte ich an
den Kanten der Landstrassen Richtung Süden. In Bourg-en-Bresse steuerte ich die Tourismus-
Zentrale an, um mir ein Quartier zu besorgen. Aus dem vielfältigem Angebot entschied ich mich für ein Bed&Breakfast ausserhalb, in einem Ort namens Moncet. Dazu musste ich allerdings noch einmal geschätzte 10 Km fahren.
Irgendwie schaffte ich alles, war aber letztendlich auch selbst ziemlich geschafft. Das Quartier war ein
sehr idyllisches altes toprenoviertes Landhaus (http://www.chambres-hotes-lesvignes.com). Sehr schön.
Der Inhaber und seine Frau wollten sich noch mit mir unterhalten, auf Englisch. Das war mir bei meiner Erschöpfung schon fast zu viel. Und dann erzählte mir der gute Jean-Louis auch noch, das er als Psychochanalytiker arbeitet! Der wollte doch mich nicht noch analysieren?
Wie auch immer, die beiden waren sehr nett. Das alte Landhaus hatten sie in 14-jähriger Eigenarbeit
aufgearbeitet und sehr ansehnlich ausgebaut. Schön, wenn man so lange ein Ziel verfolgt und es dann
erreicht.   

Die 150 Km spürte ich am nächsten Tag (den 4.5.) noch, als ich in Richtung Lyon fuhr. In einem
kleinerem Ort vor Lyon gibt es laut Hinweis-Schildern einen deutschen Soldaten-Friedhof -
cemetery allemagne, den ich mir gern noch angesehen hätte. Nachdem ich ein paar Hinweis-
Schildern nachgefahren war, gab ich aber auf. Leider waren meine Beine zu müde. Ich dachte dabei
darüber nach, was die deutschen Soldaten hier eigentlich wollten.
Am Beginn zum Stadtzentrum von Lyon kam mir gleich ein Hotel entgegen, Ibis Budget, und da mietete
ich mich ein. Nachdem ich mein ganzes Gepäck abgepackt hatte, fuhr ich noch in die Stadt, mit
meinem jetzt angenehm leichten Fahrrad. Es war Sonntag, gutes Wetter, und viele Menschen gingen
an den Ufern der schönen Rhone und in einem Park spazieren. Auf so etwas wie "Park-Kultur"
scheinen die Franzosen viel Wert zu legen.
In einem arabischen Lebensmittelgeschäft, das einzige geöffnete, das ich entdeckte, konnte ich mich
noch mit einer abendlichen Speise eindecken.
Ja, jetzt war ich direkt an der Rhone, und an der Guten wollte ich ja zunächst gen Süden fahren.

An den Kanten der Landstrassen zu fahren, ist schon etwas anderes als einen asphaltierten Radweg
an einem Kanal. Denn man wird oft von Autos und Lastwagen überholt. Für die Moral des Radfahrers
ist das nicht immer förderlich. Die französischen Autofahrer sind allerdings sehr rücksichtsvoll, sie
halten immer einen guten Abstand zum Fahrradfahrer ein, drängeln nicht und bleiben auch einfach mit langsamer Fahrt hinter dem Rad, wenn sie nicht gleich überholen können. Richtig bedrängt fühlte ich
mich in keinem Fall. In Deutschland geht es da schon ruppiger zu, die deutschen Automobilisten sind
m.E. nicht so geduldig wie ihre französischen Kollegen.

Als ich am 5.5. morgens aus Lyon herausfuhr, kam ich beim Suchen des richtigen Weges am
Stadtrand durch ein Zigeunerlager (ich weiß, der Audruck ist nicht ganz korrekt). Ein Schock. Alles
war voller Müll. Berge von Müll. Die Menschen leben dort in selbstgebauten Verschlägen aus Brettern
und Plastikplanen und in schrottigen alten Wohnwagen. Frauen kochten im Freien auf offenen
Feuerstellen. Ein pubertärer Junge fuhr kurz neben mir her, rief mir etwas zu und versuchte zum
Schluss, mich mit seinemSchrott-Fahrrad zu rammen. Endlich konnte ich diesen ungastlichen Ort
hinter mir lassen. Diese Müllberge - unglaublich! Hinterher dachte ich: die werfen ihren eigenen Müll
einfach "vor die Tür", und die städtische Müllabfuhr kommt nicht in dieses Lager. Und so entstehen
im Laufe der Zeit die Müllberge.

Ich fuhr weiter durchs schöne Rhonetal, in Vienne konnte ich direkt an der Rhone fahren und die Sicht
auf den Fluss genießen. Kurz vor Tournon-sur-Rhone sehe ich einen Camping-Platz an der Strasse
und entschliesse mich, dort zu übernachten. 10,30 Euro muss ich bezahlen, dafür kann ich mein Zelt aufstellen, Dusche und WC benutzen. Auf dem Platz sind nur wenige Leute in Wohnwagen, niemand
ausser mir zeltet. Der Kiosk hat leider geschlossen, so muss ich mich abends und am nächsten Morgen primär mit meinem Sonnenblumenkernen-Notvorrat zufrieden geben.
Im Zelt schlafe ich ganz gut, der Wind rauscht über mir in den Bäumen, ein schönes Geräusch nachts.

Am 6.5. fahre ich weiter auf Strassen, dicht an und parallel zur Rhone. Leider gegen den Wind, der aus
dem Süden kommt. Bis nach La Voulte sur Rhone reicht die Kraft, dort in der Tourismus-Zentrale hilft
mir ein älterer Mann, der nur französisch spricht, mit einem Tip für ein Hotel. Einige Worte und seine
Zeichensprache verstehe ich, und so geht es schon. Das Hotel, in dem ich der einzige Gast bin, gefällt mir nicht und es ist mir auch zu teuer, aber ich bin zu müde, um noch weiterzusuchen. So ist es leider
öfter: ich bin froh, überhaupt ein Quartier gefunden zu haben.  
Von Dole nach La Voulte sur Rhone


Granaten als Pfeiler und ein Held - andere (französische!) Erinnerungskultur





Kilometer für Kilometer in den Süden



Bed&Breakfast in Moncet


Vor einer Boulangerie (Bäckerei) und Patisserie (Konditorei)



Wohnen in Lyon

Oder so - mit Blick auf die Rhone



An der Rhone in Vienne





Dorfansicht


Camping



Rhonetal mit Bergen im Hintergrund



Lecker!



Flussbett


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