Dienstag, 18. März 2014

Von Hamburg nach Berlin - die 4. Reise



Elbe gigantisch
Elbe mit Strand und Vögeln









Altes Dorf im Wendland
Schöner neuer Elberadweg
Ehemaliges Nähmaschinenwerk Wittenberg










Havelberg
Biwak drinnen
Am Ziel
  

Stadt Brandenburg
                                                                                                    
 Am 30. September 2013, einem Montag, startete ich meine Fahrradtour nach Berlin. Dreieinhalb Tage hatte ich geplant, am Donnerstag, den 03.10., wollte ich mich mit meiner Gloria in Berlin treffen.

In Hamburg fuhr ich zuerst einmal mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof, dann mit der S-Bahn zur Endhaltestelle Aumühle im Sachsenwald. Dort ging es los, quer durch den Wald Richtung Geesthacht, weiter nach Lauenburg und Boizenburg, das dann schon im ehemaligen DDR-Gebiet liegt.
Nach Boizenburg ging es durch die Elbmarsch nach Bleckede, dort mit einer Fähre über die Elbe und
durch schöne Elbdörfer auf der ehemals westdeutschen Seite der Elbe weiter bis Hitzacker.
Vor Hitzacker musste ich noch einige Berge überwinden, was sehr anstrengend war, denn es war schon später Nachmittag und ich war bereits fast 100 Km gefahren! In Hitzacker fand ich ein günstiges Hotelzimmer. Ich war der einzige Hotelgast, wie ich am nächsten Morgen feststellte. Das Hotel hatte optisch auch schon bessere Tage gesehen. Das Wirtsehepaar kämpft wahrscheinlich auch ums Überleben, so mein Eindruck. Aber ich war froh, ein Zimmer zum Ausruhen zu haben.
Dienstag war ich morgens um 9 Uhr schon wieder „On the Road“, über Dannenberg, Gorleben,
Gartow ging es nach Schnackenburg, dort wieder mit einer Fähre über die Elbe herüber ins ehemalige DDR-Gebiet. Auf der Fähre war ausser mir nur noch ein anderer Fahrradfahrer aus der Gegend. Wir unterhielten uns während der Überfahrt, er erzählte mir, das die Hotels und Pensionen jetzt fast alle keine Gäste mehr haben. Die Elbmarsch eignet sich sehr gut für Fahrradurlauber, aber Ende September, Anfang Oktober kommen eben nur noch ein paar Exoten wie ich.
Im ehemaligen Osten ging es Richtung Wittenberge, eine etwas größere Stadt. Die Stadt macht wie viele andere Städte im ehemaligen Osten Deutschlands keinen guten Eindruck. Viele alte verfallene Häuser, Ruinen, stillgelegte Firmengelände. Ich dachte: eine sterbende Stadt, ohne Zuschüsse von außerhalb nicht lebensfähig. In einem Industriegelände verfuhr ich mich noch, stieß dabei auf ein imposantes, ehemals sicher sehr modernes, altes  Industriegebäude, das noch aus der Zeit vor dem Krieg stammte. Zu dem Gebäude gehört ein weithin sichtbarer, in der Gegend sehr bekannter Uhrturm. Vor dem Krieg war es eine Nähmaschinenfabrik für Singer-Nähmaschinen, und während der DDR-Zeit ebenfalls, dann für die Nähmaschinenmarke „Veritas“. Zu DDR-Zeiten arbeiteten dort über 3000 Menschen, nach der Wende wurde das Werk komplett plattgemacht. Die Gebäude stehen jetzt fast leer. Am Eingang kam ich darüber mit einem älteren Wachmann ins Gespräch.
3000 Arbeitsplätze – wie soll das ersetzt werden? Und das war ja nur ein einzelner Betrieb. Und das Wissen und Können der Menschen, das Knowhow über Nähmaschinen: weg, in Luft aufgelöst.
Ich war froh, aus dieser sterbenden, unfreundlichen, ungemütlichen Stadt wieder herauszukommen,
in die schöne Elbmarsch mit den guten Fahrradwegen. Auf neuen Wegen, mit schönen Aussichten auf die Elbe und ihre Nebenarme jagte ich Richtung Havelberg. An diesem Tag kamen wieder über 100 Km zusammen, so dass ich in Havelberg froh war, schnell ein Hotelzimmer zu finden. Abends spazierte ich noch ein bisschen durch den historischen Ortskern, in dem viele leerstehende Läden und renovierungsbedürftige Häuser zu sehen waren.
Kehrte aber schnell ins Hotel zurück, wo ich mein Abendbrot in Form von Sonnenblumenkernen (mein Notvorrat) zu mir nahm und mich danach ins Bett begab.
Mittwoch früh um 9 Uhr ging es weiter, aber nicht mehr an der Elbe, sondern an der Havel entlang in Richtung Rathenow und Stadt Brandenburg. Wie an der Elbe eine schöne Wiesenlandschaft mit guten Fahrradwegen. In der Stadt Brandenburg fährt noch, wie in vielen Städten im Osten, eine Straßenbahn. Es war schon weiter fortgeschrittener Nachmittag, und ich hatte kurz den Gedanken, in dieser Stadt zu übernachten. Verwarf ihn dann aber wieder, nachdem ich mich mit einem Kaffee und einem Stück Kuchen gestärkt hatte. Ich wollte ja auch noch einmal im Freien biwakieren. Um wenigstens einmal meine Isomatten und den Schlafsack zu benutzen.
Also wieder heraus aus der Stadt, immer an der Havel entlang. Am Stadtrand sah ich noch ein riesiges Einkaufszentrum, mit diversen Supermärkten und diversen anderen Geschäften. Und so ist es vielen kleinen und mittleren Städten im Osten: an den Ortsrändern die großen, nach der Wende gebauten
Supermärkte der westdeutschen Lebensmittelketten. Dazu Bekleidungsgeschäfte, Heimwerkermärkte, usw. Und die kleinen Läden in den alten Ortskernen stehen leer, abends sind die alten Zentren tot, keine Menschen auf den Straßen. Die günstige Gastronomie befindet sich meistens in asiatischer und türkischer Hand, wo man sich Speisen einpacken lässt, um sie in der eigenen Wohnung vor dem Fernseher zu verzehren. So jedenfalls meine Beobachtung.
Also weiter die Havel entlang, immer auf der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz.
Leider sah ich keine überdachte Hütte oder einen größeren Aussichtsturm, die ich hätte benutzen können. Stattdessen bemerkte ich Wildschweinspuren neben dem Weg….
Und malte mir in meiner Fantasie die nächtliche Begegnung aus – ich liege friedlich im Schlafsack und werde von Wildschweinen umzingelt!
Zum Glück kam ich noch an einem Seminarhof vorbei. Ich fragte dort nach einer Übernachtungsmöglichkeit, und siehe da: ich durfte gegen ein kleines Entgelt in einem größerem Raum, einem Saal, mit Isomatten und Schlafsack auf dem Fussboden übernachten. Und das ganz ohne Wildschweingefahr! Wieder Glück gehabt.
So kam ich doch noch zum Biwakieren – wenn auch nicht im Freien. Und ich schlief sogar gut.
Donnerstagmorgen also früh auf nach Berlin. Es war kalt und windig, und mein Rücken nicht gut genug dagegen geschützt – was ich Tage später noch spüren sollte. In Berlin schien es, als ob sich schon wieder ein Hexenschuss anbahnte.
Aber zunächst weiter an der Havel entlang, bis zum Ort Ketzin. Dort mit einer Fähre über die Havel, und dann direkt Richtung Berlin. Berlin-Spandau hieß der erste Berliner Stadtteil. An großen Straßen ging es direkt Richtung Zentrum. Wobei Zentrum für mich Brandenburger Tor  und Reichstag bedeutet. An einem Park machte ich an einem Lokal, das sich „Waldschänke“ nannte, eine Pause, um einen Kaffee zu trinken. Der Wirt unterhielt sich mit zwei Gästen, älteren Frauen mit einem Hund. Er hatte die berühmte „Berliner Schnauze“, die wir Nicht-Berliner so gerne hören.
Aber weiter ins Zentrum, Richtung Siegessäule und Brandenburger Tor. Dort wimmelte es von Menschen, da gerade der deutsche Feiertag, der 3.Oktober war! Ich kämpfte mich mit Mühe zum Brandenburger Tor durch. Schnell ein Foto mit Hilfe eines Rikschafahrers gemacht, dann ab Richtung Hotel, Richtung Neukölln. Mit Hilfe mehrerer freundlicher Berliner fand ich schließlich die Sonnenallee und das gebuchte Hotel. Geschafft!
Im Hotel legte ich mich als erstes in die Badewanne, um meinen Rücken zu entspannen und mich aufzuwärmen. Am Freitagnachmittag fuhr ich per Bahn nach Hamburg zurück.
Das Biwakieren im Freien muss ich noch üben, und ich muss auf Kälte und Wind besser vorbereitet sein. Aber ich habe viel gesehen, die schöne Elbe mit ihren Ufern und kleine gemütliche Dörfer. Und ich habe ein paar unfreundliche Menschen unterwegs getroffen, aber glücklicherweise wesentlich mehr freundliche Menschen.

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